form condensed, 5

Aus meiner regelmäßigen Kolumne in der form.
Wer braucht noch Grafiker, wenn man fertige Logos für ein paar Euros von einer Website kaufen kann?



Logos to go.

Endlich gibt es Kollegen, die mit dem Mythos aufräumen, die Gestaltung von Logos und ähnlicher Kleingrafik wäre der Auftakt für einen aufwändigen Prozess, in dem sich das Unternehmen erst selbst finden muss, bevor es mithilfe seiner Unternehmens-, Verhaltens-, Werbe- und Design-Berater zur Krönung des Corporate Design kommt: dem Logo.

Ich zitiere von einer Website:

?Wir stellen Ihnen bis zu 5 verschiedene Grafiker für Ihr Projekt zur Verfügung, um eine größtmögliche Vielfalt von Entwürfen zu erhalten. Wir bieten Ihnen hiermit das Neudesign eines Logos an, das von mindestens 3 verschiedenen Grafikern entworfen wird, um nur 199.- EUR.?

Na also: wenn 1 Grafiker ein schlechtes Logo macht, dann schaffen 5 Grafiker 5 schlechte Logos. Für das Geld kann man ja heute kaum richtig gut essen gehen, was bestimmt nicht soviel Spass macht wie Entwürfe verreissen. Da kann sich eine ganze Werbeabteilung bestimmt einen Nachmittag lang dran erfreuen. Aber es geht weiter:

?Das ist ein einzigartiges Angebot und liegt deutlich unter den branchenüblichen Preisen von 500 EUR oder sogar 2.000 EUR.?

Ha! 2000 Euro? Da muss ein einfacher Sparkassenangestellter ja fast einen Monat für arbeiten! Weidemann soll damals 200.000 Mark für den DB Keks gekriegt haben, davon dann wohl ein Prozent für die Arbeit und den Rest als Schmerzensgeld für die unzähligen Präsentationen, Korrekturen, Wiedervorlagen, Argumentationen und Reinzeichnungen während der zwei Jahre, die sowas in einem Staatsunternehmen eben dauert.

?Warum sind unsere Preise so niedrig? Unsere Grafiker arbeiten auf Auftrag von zu Hause aus. Unsere Dienstleistungen basieren auf einer Kommunikation über elektronische Medien zwischen Kunden und Designer: E-Mail, SMS, Chat, Internet.Zudem arbeiten alle Grafiker in wirtschaftlich günstig gelegenen Regionen.?

Na also. Erstens sitzen die sowieso den ganzen Tag zum Chatten am Computer, dann können sie auch nebenbei mal ein paar Logos machen. Zweitens liegen die genannten Regionen offenbar im Ostblock, wo der Euro noch eine harte Währung ist, wo man Software mal schnell klaut und wo Urheberrechte so hoch im Kurs sind wie der Rubel, wo aber jeder Schachgroßmeister ist und programmieren kann. Auf, ihr Auftraggeber, die ihr vor lauter Lohnnebenkosten nicht mehr aus dem Stöhnen kommt: Endlich kann man neben Call Centern eine weitere Dienstleistung an Leute auslagern, die kaum Deutsch können. Das spart Geld und lästige Diskussionen. Bei Nichtgefallen bestellt man einfach schnell noch ein halbes Dutzend Logos. Daran arbeiten dann bis zu 30 Grafiker, das schafft Arbeitsplätze, wenn auch weit weg. Wir müssen global denken!