form condensed, 4

Aus meiner regelmäßigen Kolumne in der form.

Von Hauptkreativoffizieren und Gestaltungsdirektoren Inhaltslose Titel und überflüssige Hierarchien



Von Hauptkreativoffizieren und Gestaltungsdirektoren

Eine Untersuchung über die wirtschaftliche Situation unseres Berufes in den USA benannte für die Tätigkeiten in einem durchschnittlichen Designbetrieb sechs Hierarchien: Eigentümer/Partner/Geschäftsführer; Creative/Design Director; Art Director; Senior Designer; Designer; Junior Designer. Diese sehr vernünftige und nachvollziehbare Aufzählung erregte Interesse in den Online-Foren und Weblogs und aus großen Agenturen kamen Listen mit 18 Hierarchie-Ebenen alleine im Designbereich ? vom Junior Designer über den Copywriter und den Media Designer zum Chief Creative Officer. Nicht nur sind die Bezeichnungen inflationär und damit zunehmend sinnleer, auffällig ist vor allem der inhaltliche Widerspruch: Einige der Bezeichnungen geben an, wo die Leute in der Hackordnung der Agentur stehen, andere beschreiben, was sie dort machen. Mal sind es Titel, mal Rollen, mal Berufsbezeichnungen.

Nun haben wir in dieser Kolumne gelernt, dass unsaubere Sprache der Ausdruck unklaren Denkens ist. Was also bringt die Agenturen dazu, solche unausgegorenen Konzepte umzusetzen? Der Ehrgeiz der Mitarbeiter? Was aber machen Gestalter, die nach einiger Zeit zum Design Director aufgestiegen sind? Inhaber können sie nicht werden, und angestellte Geschäftsführer sind selten Designer. Um ein Dutzend Hierarchien abzubilden, müssen mindestens dreimal soviele Leute dort arbeiten. Kleine Büros täuschen dann auch gerne Größe vor, indem sie jedem Praktikanten einen Titel geben (wie wär?s mit Research Assistant?), die Putzperson wird dann zum Vice President of Recycling Operations. Englisch muss es sowieso sein, denn wer wollte schonHauptgestaltungsoffizier werden? Chief Design Officer klingt besser, zumindest für ahnungslose Hauptschüler.

Neben der Eitelkeit der Designer sind es angeblich die Auftraggeber, die solche Titel wollen, damit sie nicht mit einem einfachen Designer telefonieren müssen, wenn es einen Design Director gibt. Der wird dafür bezahlt, den Inhalt des Gespräches an die nächste Ebene weiter zu geben, wo die Arbeit gemacht wird. In der richtigen Welt allerdings werden Teams nicht von den Leuten mit dem höchsten Titel dominiert, sondern von denen, die den Respekt ihrer Kollegen haben. Jedoch haben gerade intakte Teams die Tendenz, nur neue Leute aufzunehmen, deren Fähigkeiten unter dem Schnitt der Gruppe liegen: Nach ein, zwei Jahren sind dann zwar alle zu irgendeiner Art von Director aufgestiegen, aber auf Kosten des Gestaltungsniveaus.

Auch bei Designern gilt das Peter*-Prinzip: Jeder wird zur höchsten Stufe seiner Kompetenz befördert und von dort solange weiter, bis Inkompetenz erreicht ist. Dort bleibt man dann.

* Nach Laurence Johnston Peter (1919?1990).

(The theory that employees within an organization will advance to their highest level of competence and then be promoted to and remain at a level at which they are incompetent.)